Das Rollenspiel

Der Tag im Büro war stressig gewesen. Sie fand, dass sie sich eine Belohnung verdient hatte, wenn schon sonst niemand ihre Leistung würdigte. Und so kaufte sie sich das Spiel, obwohl es wirklich teuer war. Der Umschlag versprach ein innovatives Spielkonzept mit einer ganz neuartigen Steuerung. Es war ein Rollenspiel, also eigentlich nicht ganz ihr Interessengebiet. Sonst spielte sie nur hin und wieder Aufbausimulationen. Allein, das Umschlagcover mit der Abbildung eines beinahe fotorealistischen Elfen hatte sie auf seltsame Weise angesprochen.

 

Die Installation hatte lange gedauert und war vor allem ungewöhnlich gewesen. Eine mit dem Spiel mitgelieferte Webcam hatte sie gefilmt und diese Daten zur Auswertung an das Programm weitergeleitet. Außerdem gab es eine Art Headset, das jedoch eher an ein medizinisches Messinstrument zur Messung von Hirnströmen erinnerte. Sie hatte einige Sätze vom Bildschirm vorlesen müssen, so dass der Computer ihre Stimme erkannte. Doch dann waren alle Vorarbeiten abgeschlossen und der Computer fragte sie, ob das Spiel gestartet werden sollte. Voller Erwartung betätigte sie den Startbutton und spürte sofort ein feines, elektrisches Kribbeln an den Schläfen, dort wo das Headset den Kopf berührte. Ihr wurde für einen Moment ganz schwindelig. Doch dann legte sich die Benommenheit und ihr wurde bewusst, dass sie in einen virtuellen, dreidimensionalen Raum hineinblickte. Sie stockte und korrigierte ihre eigene Wahrnehmung, denn eigentlich kam es ihr so vor, als stände sie selbst am Rande des dreidimensionalen Raums. Sie konnte sogar an sich hinabblicken und sah dann ihren virtuellen Körper, der sich kaum von ihrem wirklichen Äußeren unterschied.

Verwundert blickte sie sich um, als unvermittelt in der glatten Wand vor ihr eine Tür geöffnet wurde und ein männlicher Avatar eintrat.

Rollenspiel.pdf
Adobe Acrobat Dokument 60.2 KB